Momentaufnahmen der Höhen und Tiefen auf dem Weg zu Silber und Bronze bei den Österreischen Meisterschaften im Einzel- und Paarzeitfahren 2015
Unterkunft
Ende Juni begab ich mich auf Quartiersuche für die ÖM in Zeltweg. Gleich die große Ernüchterung beim ersten Anruf: „Da ist DTM in Spielberg, da werdet’s nix mehr finden!“ Da die Zeitfahrstrecke laut Ausschreibung auf dem Flugfeld in Zeltweg sein sollte, kam mir die Übernachtungsmöglichkeit in der Kaserne natürlich sehr entgegen. Viele Radkollegen fanden nur mehr Unterkünfte über 40 km entfernt.
Regelwerk
Für das Paarzeitfahren hatte mich bereits im Frühjahr der beste Zeitfahrer meiner Kategorie angesprochen. Wir wären sicher ein superstarkes Paar gewesen und es hätte richtig Spaß gemacht, wenn sich die Herren vom
ÖRV-Sportausschuss nicht mal wieder was Besonderes hätten einfallen lassen: Die Fahrer mussten heuer zum ersten Mal aus demselben Verein sein! Es gibt bei uns ja auch soooo viele Fahrer, dass man die Starter mit einer derartigen Regelung reduzieren muss?!?! Zum Glück gibt’s mit Manfred Koch einen zweiten Master 1- Fahrer im Verein, so dass ich einen Partner hatte.
Sportliche Vorbereitung
Statzendorf lief ja ganz gut und ich wusste, dass ich mich wieder in guter Form befand. Vor Zeltweg standen noch der Wachau-Marathon und ein Röhsler-Cup-ZF auf dem Programm. Also hieß es sorgsam Abwägen zwischen Zeitfahren mit ordentlich Draufdrücken und Anstiegen mit Stehvermögen – und im Juli war es ja echt heiß!!! Eine Woche vor dem Wachauer fuhr ich mit Manfred die Strecke nochmals ab. In Senftenberg trafen wir zufälligerweise auf einen uns gut bekannten und schnellen Master 2-Fahrer aus dem Wiener Raum, der sich die Steigungen und die neue Baustellenumleitung auch nochmals anschauen wollte. Inklusive Hin- und Rückfahrt kamen 140 km zusammen mit einem „ungeplanten“ 33er-Schnitt – also alles auf Schiene …
Das weiße Auto
Unter der Woche dann noch eine Rollerpartie zum Beine auslockern. Um es etwas kühler zu haben, machte ich mich mit Ingrid bereits um 7 Uhr auf nach Tulln und retour. Zurück kamen wir leider nur bis Stollhofen (vor Traismauer), da uns in der Ortsdurchfahrt ein Auto den Vorrang nahm. Ich konnte nicht mehr ausweichen, krachte in die hintere Beifahrertür und danach (WIEDER!) auf den Asphalt. Zum „Glück“ nur Rücken-, Knie- und Handgelenksprellungen und ein paar Carbon-Schnittwunden. Wachauer ade! KH Krems – ich komme, schon
wieder!
Fahren oder nicht Fahren?
Nach einer Nacht im Spital begann es wieder: Das langsame und vorsichtige Bewegen. Was geht? Was tut richtig weh? Und natürlich kreiste die Frage aller Fragen unermüdlich im Kopf: Werde ich in Zeltweg starten können? Nach dem Motto „Aufgeben tut man nur einen Brief“ meldete ich mich/uns schließlich kurz vor Nennschluss an. In der Woche vor den Meisterschaften ging es wirklich zach, aber von Tag zu Tag besser. Dann kam der Streckenplan: Am Anfang recht einfach, doch dann sah es auf dem Papier richtig wild aus: Hin und her
mit 90°-Kurven und viele Abschnitte mit Begegnungsverkehr, das kann ja lustig werden. 2 Tage vorher fällte ich die Entscheidung und fuhr ohne große Erwartungen mit dem olympischen Gedanken nach Zeltweg.
Neben dem Red Bull-Ring auf der Eurofighter-Piste
Am Freitagnachmittag die erste positive Überraschung: Unser Zimmer war nicht mal 100 Meter vom Start weg. So nah am Renngeschehen schlafe ich nicht mal in Langenlois! Rad auspacken, umziehen und Beine bewegen. Auf dem Rückweg rollten wir am Red Bull-Ring vorbei, um etwas Motorsport-Rennluft als zusätzliche Motivation zu schnuppern. Nach einem gemütlichen Frühstück in Selbstverpflegung war am Vormittag Streckenbesichtigung mit der zweiten positiven Überraschung: Bis auf eine Engstelle durch ein Tor bei der Ein- und Ausfahrt zum Flugfeld war der Kurs auch auf den Gegenverkehrpassagen breit genug und gut zu fahren. Schon ein g…Gefühl, wenn man weiß, dass da, wo man jetzt mit der Zeitfahrmaschine unterwegs ist, Eurofighter starten und landen! Auch die Tatsache, dass alles komplett eben und somit die meiste Strecke zu überblicken war, hatte ich in dieser Art noch nie. Nummer abholen, Transponder montieren, in Zeitfahranzug schlüpfen, Rückennummer befestigen lassen und los geht’s. Es freute sich jeder bei herrlichem Sommerwetter auf ein tolles Rennen.
Spielverderber Nr. 1 – Der ÖRV-Funktionär
Los ging’s um 12:01 Uhr mit den Amateuren. Ich fuhr so wie immer zur (vermeintlichen) Vorkontrolle, um mich zu vergewissern, dass alles passt, da der verantwortliche Funktionär dafür bekannt war, ein Rad heute als OK und morgen als Nicht OK einzustufen. Man weiß ja nie. Gegebenenfalls justiert man halt den Sattel um 3-4 mm, damit der Herr zufrieden ist. Ich stellte mein Rad auf die Lehrschiene, es wurde für gut befunden und ich nahm es wieder, um mich auf freier Strecke auf meine Startzeit vorzubereiten.
In diesen Augenblicken gab es bereits heftige Diskussionen, da ein Amateur nicht starten durfte, weil sein Rad nicht den technischen Maßen entsprochen hatte, und das hatte den Funktionär wohl etwas abgelenkt. Nach mir stellte Manfred sein Rad hin, das ebenfalls OK war – nur durfte er es nicht mehr haben. Es war nun EINE Stunde vor seinem Start im abgesperrten Bereich quasi konfisziert. Alle waren völlig konsterniert. Zum Glück hatte Ingrid ihr Rennrad dabei, so dass er mehr schlecht als recht wenigstens noch etwas auf der Straße kurbeln konnte. Was sich dann abspielte, war beispiellos. Wir sind ja schon VIELE Zeitfahren gefahren, bei denen auch jener Herr die technische Kontrolle abnahm. Normalerweise macht man die Vorkontrolle (s. oben) und fährt dann ca. 10 Minuten vor dem Start in den Startbereich. Dort wird das Rad nochmals vermessen und dann wartet man auf den Start.
Hier war es aber so, dass man KEINE Möglichkeit zur Korrektur bekam, und dies auch nicht vorher extra bekannt gemacht worden war. Und es sollte an diesem Tag VIELE treffen, auch Ex-Profis und Senioren Weltmeister. Bei den Master 3 wurden so gleich die besten 5 Fahrer eliminiert. Insgesamt fiel fast ein Drittel der Starter durch die technische Kontrolle. Frustriert und wütend pfiffen einige auch auf das Paarzeitfahren und fuhren gleich heim. So gewinnt man definitiv KEINE Hobby-Fahrer für den Radrennsport. Normalerweise lautet unter uns Fahrern nach einem Rennen die Frage so: „Wie erging es dir?“, doch an diesem Tage hörte man allerorten nur: „Und, durftest du starten?“ Ein einziger ÖRV-Funktionär ruinierte ein Rennen, das alle Voraussetzungen erfüllte, ein Radsportfest zu werden. In unserer Kategorie war es nicht ganz so schlimm, so dass ich mich über meine völlig unerwartete, aber schlussendlich doch verdiente Silbermedaille wirklich freuen kann!
Spielverderber Nr. 2 – Das Wetter
Am Sonntagmorgen der bange Blick aus dem Fenster: Der Wetterbericht hatte leider Recht und die Straße war nass und der Himmel grau in grau. Wie würde die Strecke bei Regen funktionieren? Das „Freie Training“, um es mit den Worten der DTM-Rennen in der Nachbarschaft zu sagen, brachte Entwarnung, denn sie war doch griffiger als erwartet. Das Wetter änderte sich auf der Rollbahn, nämlich von Regenschauer in einen regelrechten Regenguss, der bis nach der Siegerehrung anhalten sollte. Unter diesen Bedingungen war mir ein
sturzfreies Ankommen das Wichtigste. Es kam der 3. Platz und die Bronzemedaille für uns heraus. Die Zeit haben wir wohl in den Kurven liegen lassen. Als ehrlicher Sportler will ich nicht verheimlichen, dass aufgrund
der Ereignisse des Vortags nur drei Paare am Start waren. Mit Blick auf die Rückschläge der letzten 2 Jahre passt „Das Glück des Tüchtigen“ wohl am besten zu dieser, meiner insgesamt 5. Medaille bei Österreichischen Meisterschaften im Trikot des RSC Krems.
Hiermit beende ich meinen Blick hinter die Kulissen, mit dem ich vielleicht einen kleinen Eindruck von dem vermitteln konnte, was hinter einer kleinen Sportmeldung in der NÖN tatsächlich stecken kann!
Einzelzeitfahren
- Fritz Rautner (25:25 min., 2. Rang Master 1, Österreichischer Vizemeister)
- Manfred Koch (26:06 min., 8. Rang Master 1)
Paarzeitfahren
- Fritz Rautner/Manfred Koch (26:29 min., 3. Rang Master 1)